Stellungnahme des SER zu den Sommerferien

Bildung in Zeiten von Corona

 

Wie positioniert sich der Stadtelternrat Leipzig zur Verkürzung der Sommerferien?

Unsere Gegenfrage darauf lautet: Wo soll der Nutzen darin liegen?

Wir haben den 20.04.2020, unsere Kinder werden – sofern wir nicht in systemrelevanten Berufen gebunden sind – von uns zu Hause betreut, beschult und isoliert, so wie es vorgesehen ist.

Unseren Kindern fehlt es augenscheinlich an Nichts – wenn man sie, wie leider zu oft, allein als zu betreuende Objekte betrachtet, wie Planzen, wo Wasser und Schnitt reichen. Aber die Realität zeigt auf, an welchen Stellen unser System schon vor Corona gekrankt hat.

Ein gesundes und auf Gesundheit bedachtes Lebens- und Lernumfeld unserer Kinder sollte das oberste Ziel sein!

Jetzt fällt uns ganz besonders auf, was längst hätte zur Sprache gebracht werden müssen. Kinder brauchen Platz, Zeit, positive soziale Kontakte und Bewegung für ihre psychosoziale Entwicklung noch wesentlich mehr, als wir es gerade unter diesem Druck und unter diesen Bedingungen leisten können, trotz größter Anstrengung. Wir wünschen uns daher, dass nicht das „Weiter so“ mit noch mehr Druck, „da jetzt so viel aufgeholt werden muss“ an oberster Stelle steht, sondern die Bedeutung von Gesundheit eine neue Wertigkeit erhält.

Es ist der oft beschriebene Drahtseilakt, der uns beschäftigt. Auf der einen Seite steht die Eindämmung des Virus, wofür unsere Kinder als besonders gefährliche Überträger angesehen werden, während die Ruheständler des Bundeslandes ab heute die Baumärkte stürmen. Auf der anderen Seite ist der Schutz der gesundheitlich Schwächsten im Land selbstverständlich wichtig, also auch betroffener Kinder, Elternteile, sowie des Lehr- und Betreuungspersonals.

Soll darauf die Verkürzung der Sommerferien eine Antwort sein?

Welcher Weg wäre tatsächlich machbar und wünschenswert für alle Beteiligten und gibt es diesen Weg überhaupt?

An einem schrittweisen Vorgehen der Schulöffnung ist zunächst nichts einzuwenden und die Kinder und Jugendlichen vorzuziehen, die nach dem Schulabschluss eventuell selbst in der Pflege oder im Handel in die Ausbildung starten. All jenen sollte das erforderliche Maß an Verständnis zugesprochen werden. Die jüngeren Klassen sollten ebenso den Weg zurück in die Schule finden, aber eben nicht unter dem Gesichtspunkt der unbedingten Fütterung mit Lernstoff, sondern der Möglichkeit, mit Gleichaltrigen die vergangenen Wochen zu verarbeiten und sich wieder an ein Miteinander zu gewöhnen, denn an unseren Kindern, wie an uns, geht diese Zeit nicht spurlos vorbei. Ängste, Sorgen, und Ungewissheit, aber auch neue Kreativität, Organisation und Lebensweisen haben die letzten Wochen geprägt.

Wir gehen als Eltern davon aus, dass die Schulen – Schulleiter und Lehrer – durchaus im Blick haben, dass die Kinder „unterschiedlich ausgestattet“ und auch mit Defiziten an die Schulen zurückkehren werden und wir trauen es der sächsischen Lehrerschaft zu, sich auf diese besondere Situation einfühlsam und am Kinde orientiert, einzustellen.

Wir Eltern wünschen uns daher Zeit – ohne Lern- und Erfolgsdruck, um uns wieder an einen neuen Alltag zu gewöhnen und dazu gehört eine Sommerpause, die ihren Namen auch verdient, denn wir alle haben in den letzten Wochen schier Unmögliches möglich gemacht. Jetzt die Erholungszeit zu kürzen wäre eine menschliche und organisatorische Fehlentscheidung – da schließen wir nicht nur Eltern und Kinder, sondern jeden an Schule Beteiligten ein! Vielmehr ist es doch zu überlegen, das Sommerferienbetreuungsangebot in den Schulen auszuweiten, um den Kindern wieder Freiräume in Spiel und Erlebnissen zu liefern, die jetzt so nicht machbar waren.

Abschließend bemerken wir, dass besondere Situationen besondere Maßnahmen erfordern und in diesem Falle auch ein besonderes Vertrauensverhältnis Voraussetzung sein muss. Wir verstehen die sächsische Schullandschaft unter Mitwirkung aller als Gemeinschaft und erhoffen uns daher auch, dass in so einschneidenden Entscheidungen eine Abstimmung mit den Gremien aller Betroffenen, dazu gehört der Landeselternrat, der Landesschülerrat und die Lehrergemeinschaft, getroffen wird.