Leipzig / Der Bäcker und der Imbiss nebenan locken, doch gesunde Kost in der Pause ist besser. Darauf legen viele Eltern Wert – und wollen ein Wörtchen mitreden, wenn es um die Mahlzeit ihrer Kinder in der Schule geht. Darauf will sich die Stadt Leipzig jetzt einstellen, die die Speisenversorgung für etwa 130 Schulen in kommunaler Trägerschaft neu ausschreiben muss. Grund hierfür ist die geänderte EU-Richtlinie fürs Vergaberecht. Bei den Kindergärten in der Messestadt ist dies, obwohl die Ausschreibung nach Aussage der Vergabekammer des Freistaates Sachsen exakt war, gründlich schiefgegangen.
Wie berichtet, hatten im Frühjahr 2018 lediglich zwei Anbieter den Zuschlag für die Essenslieferung in den 48 städtischen Kindereinrichtungen erhalten. Bis Februar 2020 liefern sie täglich 6000 Portionen. Danach haben Stadträte aller Fraktionen die Notbremse gezogen, damit sich dies beim Schulessen nicht wiederholt und vor allem regionale Anbieter und kleinere Firmen nicht außen vor bleiben. Nach intensiver Diskussion ist nun ein Kompromiss gefunden worden: Es wird ein Vergabeverfahren durchgeführt, im Ergebnis dessen die Stadt Leipzig mit Unternehmen, die den Zuschlag erhalten, Rahmenvereinbarungen abschließt.
“ Schulen und Kindergärten können sich ihren Caterer nicht mehr wie bislang aussuchen“ , erläutert Jens Kabisch, Abteilungsleiter im Jugendamt. Dies lasse das EU-Recht eben nicht mehr zu. Das Rechtsamt wollte ursprünglich nur ein Los europaweit ausschreiben. Doch das stieß vor allem auf politischen Widerstand. “ Wir wollen den Mittelstand fördern. Das Essen soll von lokalen Anbietern, die regionale und saiso- nale Produkte verarbeiten, stammen“ , sagt Karsten Albrecht (CDU), der im Fachausschuss Jugend, Schule und Gesundheit des Stadtrates sitzt. Für ein Gesamtpaket gebe es keine Mehrheit im Rat. Der Abschluss von Rahmenvereinbarungen komme dem bisherigen Verfahren nahe, berücksichtige aber die geänderten Gesetzlichkeiten.
An einem Ausführungsbeschluss arbeitet die Kommune – daher verschiebt sich die Neuvergabe aufs Schuljahr 2020/21. “ Deshalb verlängern sich die bisherigen Verträge um ein Jahr, sofern der Stadtrat und die Anbieter zustimmen“ , so Kabisch. Derzeit sei die Verwaltung dabei, an allen kommunalen Schulen zu erfassen, wie dort die Ausgabe erfolgt. Die ist – im Rahmen der räumlichen und technischen Gegebenheiten – durchaus unterschiedlich. In den allermeisten Schulen wird das Essen vor der Mittagspause angeliefert und dann warmgehalten. Andere kochen beispielsweise die Kartoffeln selbst. Bei der Free-Flow-Speisenausgabe können sich die Jugendlichen ihre Portion aus einem breiten Sortiment zusammenstellen, ehe sie an der Kasse bezahlen. Beim Cook-&- Chill-Verfahren werden die Speisen frisch zubereitet und heruntergekühlt, in der Schulküche werden sie dann kurz vor dem Verzehr erhitzt. “ Je mo-derner eine Schule ist, desto besser sind die Möglichkeiten. An Schulen, die noch nicht saniert sind, wird es im Zweifel wohl nur warme Anlieferung mit Ausgabe geben können“ , räumt Kabisch ein. Abgefragt werde nicht nur, wie die Zubereitung erfolgen soll. Es gehe auch um Komponenten wie Salattheke, Büfettform oder nicht, besondere biozertifizierte Zutaten, eine vegetarische oder vegane Linie oder koscheres Essen. “ Jede Schule soll weitgehend das bekommen, was sie sich wünscht.“ Aus dem Ergebnis der Befragung würden dann verschiedene Lose gebildet und ausgeschrieben. Wie beim Straßenbau werde dann ein Pool gebildet, aus dem der Anbieter ausgewählt wird. Dabei gibt es Kriterien wie Preis und Qualität. Allerdings: Das Ganze hat etwas von “ Die Katze im Sack kaufen“ . Die Schulen erfahren nämlich vorher den Namen der Firma nicht. “ Der Auswahlprozess muss anonym sein“ , sagt Kabisch über das Prozedere.
Diskutiert wird dies Anfang 2019 in der Ratsversammlung. Stimmt der zu, soll das Verfahren ab 2020 auch auf kommunale Kindertagesstätten zukommen. “ Natürlich ist das Risiko, dass jemand in Einspruch geht, bei einem solchen Verfahren größer. Aber das müssen wir eingehen, wenn wir Vielfalt haben wollen“ , ergänzt Stadtrat Albrecht.
“ Wie das genau funktioniert, wissen wir noch nicht“ , schildert Konstanze Beyerodt vom Stadtelternrat, in dem es eine eigene Arbeitsgruppe “ Schulessen“ gibt. Diese hat ebenfalls eine Umfrage gestartet. Für die Eltern sei logisch, dass sie umfänglich beteiligt werden. Schließlich müssten sie das Essen ja auch bezahlen, so Beyerodt.
Mathias Orbeck
(Quelle: Leipziger Volkszeitung, Leipzig vom 01.11.2018, Seite 15 / LEIPZIG)