Katharina Krefft – Grüne
Mit welchen Mitteln kann –nach Ihrer Meinung- mit kommunalen Mitteln die Lernfreude und damit die schulischen Erfolge der Schüler gesteigert werden?
Kommunale Mittel bedeutet: Schulbau, nichtpädagogisches Personal, Schulbudget, Speiseversorgung, Hort und teilweise GTA, außerschulische Angebote Wir Grüne beantragen seit 1998 regelmäßig auskömmliche Mittel für den baulichen Werterhalt an Schulen und damit die zeitnahe Reparatur und Ersatz bei Verschleiß an den Schulgebäuden. In den letzten 5 Jahren kam deutlich mehr Schwung in die Diskussion, mit dem letzten Doppelhaushalt wurde endlich deutlich mehr Geld für baulichen Erhalt an Bestandsschulen beschlossen. Wir treten dafür ein, Schulen zeitgemäß zu bauen oder umzubauen. Dafür nehmen wir die Empfehlungen der Montag-Stiftung zur Schulbaurichtlinie als Grundlage. Wir wollen flexible Raumzuschnitte, um in Klein- und Großgruppen arbeiten zu können, Aufenthaltsmöglichkeiten wie Nischen in den Fluren und Sitzgelegenheiten vor den Klassenräumen. Es sollen Flächen für Schulversammlungen und -veranstaltungen vorhanden sein, der Schulhof sich zum Quartier öffnen. Wir haben uns für eine großzügigere Stellenbemessung für die Schulsekretariate und Hausmeister eingesetzt, setzen uns für Personal in den Schulbibliotheken genauso wie für Schulsozialarbeit ein. Wir haben das Schulbudget schulartübergreifend angeglichen und wollen hier mehr finanzielle Spielräume für die Schulen. Auf unsere Initiative können die Schulen bei der Speisenversorgung mitsprechen! Wir wollen gute GTA an den Schulen und wollen dazu den Austausch zwischen den Schulen möglich machen – konkret Konferenzen zum best practice. Damit Schule gut wirken kann, wollen wir die Beteiligung der LehrerInnen, HorterzieherInnen und SchülerInnen/ Eltern bei Bauvorhaben bereits in der Phase 0 sowie wirksamere Schulkonferenzen (konkret bei der Schulnamensgebung durchgesetzt). Wir sorgen darüber hinaus für ein vielfältiges Angebot an außerschulischen Lernorten, indem wir Fördermittel beantragen oder pädagogische Arbeit in den Einrichtungen fördern. Aktuell setzen wir uns dafür ein, das Programm „Grün macht Schule“ vollständig auszufinanzieren, weil wir das Engagement der Schulen respektieren.
Die inklusive Beschulung von Kindern mit sonderpädagogischen Förderbedarf schreitet weiter voran. Sind die Leipziger Schulen dafür geeignet ausgestattet?
Wir Grüne waren die ersten und lange die Einzigen, die mindestens eine barrierefreie Schule pro Versorgungsraum und Schulart forderten. Erst mit der gesetzlichen Anforderung machte sich die Stadt auf den Weg, so dass nun alle neuen Schulen barrierefrei gebaut werden. Wir wollen auch im Bestand sukzessive Barrierefreiheit erreichen; das bedeutet nicht nur für mobilitätseingeschränkte Bedarfe sondern auch für Hör-und Sehbeeinträchtigungen (taktile sowie starkkontrastierte Leitsysteme), genauso wie Platz auf den Fluren, Lärmschutz und Ruheräume für einen stressfreien Schulalltag.
Viele Schulen nutzen die von der Stadt geförderten Ganztagsangebote. Empfinden Sie diese als vielfältig gestaltet, den Bedürfnissen der Schüler angepasst und den Schulalltag ergänzend?
Wir vermissen echte MINT-Angebote, aktuell gibt es wenig, was über Mathe-Fördern hinausreicht. Insofern halten wir die Entwicklung der GTA regelmäßig nach. Wir wollen auch seit mehreren Jahren, dass die Stadt sich mehr in die Qualität der GTA einschaltet und Schulen besser unterstützt, insbesondere Schulen ohne starke Fördervereine. Die Stadt lehnt das anhaltend ab. GTA ist für uns ein Instrument für Chancengleichheit bei der Bildung, insofern erwarten wir mehr Engagement von der Stadt/ AJuFaBi.
Franziska Riekewald – DIE LINKE
Mit welchen Mitteln kann –nach Ihrer Meinung- mit kommunalen Mitteln die Lernfreude und damit die schulischen Erfolge der Schüler gesteigert werden?
Um die Lernfreude und schulische Erfolge zu steigern hat das Landesamt für Schule und Bildung mit den angestellten Lehrer*innen die Hauptaufgabe. Als Stadt können wir unterstützen durch:
- Schulsozialarbeit. Das macht die Stadt. So werden 2 Mio. € jährlich für Schulsozialarbeit vor allem in Grundschulen bereitgestellt. Leider unterstützt der Freistaat nur die Oberschulen und BSZ mit Berufsvorbereitungsjahr finanziell. Unser Standpunkt: Jede Schule braucht einen Schulsozialarbeiter/in.
- Elternakademie Eltern brauchen Unterstützung, Erfahrungsaustausch und Anregungen von Fachleuten bei der Erziehung zu verschiedenen Themen. Hier könnte der Stadtelternrat mit dem Referat Bildung (Frau Dr. Voigt) und der Volkshochschule aktiv werden.
- Einhaltung der neuen Klassenbildungsverordnung Bei Verstoß gegen die Integrationsordnung (Senkung des Klassenteiler um 1,5 Schulplätze pro Integrationskind) sollte umgehend die Stadtverwaltung und der Fachausschuss informiert werden.
- Bekanntmachung und Verallgemeinerung von Initiativen wie „Schule mit Zukunft Leipzig-Ost“ in Paunsdorf oder das Projekt „Erfolgreicher Abschluss in Hauptschulklassen“ in der 20. Oberschule.
- Weiterer Ausbau der Ganztagsangebote auch Hausaufgabenunterstützung könnte ein GTA vorallem in 5. und 6. Klassen der Oberschulen sein
- Bildungs- und Teilhabepaket Zu wenig Eltern wissen und nutzen, diese finanziellen Mittel zur Nachhilfe des Kindes bzw. Jugendlichen.
Die inklusive Beschulung von Kindern mit sonderpädagogischen Förderbedarf schreitet weiter voran. Sind die Leipziger Schulen dafür geeignet ausgestattet?
Der Begriff „voranschreiten“ ist leider übertrieben. Man darf integrative und inklusive Beschulung nicht verwechseln. Integrative Beschulung ist an allen Schulen möglich. Inklusive Beschulung sind mir nur 2 Projekte bekannt. Zunächst: Inklusion ist keine Pflicht sondern ein Recht und es hängt von den Eltern ab, ob sie es wünschen. Die Kurt-Masur-Schule unterrichtet einen Jungen inklusiv (Nachdem das Evangelische Schulzentrum nach der 1.Klasse eine Weiterbeschulung ablehnte.) und das Projekt Linne-Schule /68. Schule und GB-Schule Delitzscher Str. (Projekt ERINA) endete nach der 7. Klasse. Es ist nach wie vor eine inklusive Zusammenarbeit zwischen Linne-Schule und GB-Schule Delitzscher Str. Unserer Meinung nach sollten an allen Grundschulen schrittweise auch Förderschullehrer/innen unterrichten. Zunächst sollte damit verhindert werden, dass zu viele Grundschulkinder wegen mangelnder Förderung in eine Förderschule für Lernbehinderung kommen. Es könnte auch an Grundschulen Schleifenklassen geben ähnlich wie LRS-Klassen. Auch Dyskalkulie sollte dort ein Förderschwerpunkt sein. Übrigens zeigt sich hier, dass das LaSuB mehr Schulpsychologen braucht. Es ist zu überlegen, ob das LaSuB oder die Stadt Leipzig (allerdings gefördert durch den Freistaat) einen Schulpsychologischen Dienst aufbaut mit je einem Schulpsychologen pro Stadtteil. Das muss das Ziel sein. Folgende bisherigen Schritte sind in Leipzig gut – der barrierefreie Ausbau in allen Schularten (wird leider kaum genutzt) – die Bereitstellung von Schul- und Integrationsbegleitern.
Viele Schulen nutzen die von der Stadt geförderten Ganztagsangebote. Empfinden Sie diese als vielfältig gestaltet, den Bedürfnissen der Schüler angepasst und den Schulalltag ergänzend?
Ganztagsangebote (GBA) werden genutzt. Hier liegt für das Angebot die Verantwortung bei den Schulen. Der Schulelternrat und auch der Schülerrat sollten mit Ideen und Initiativen unterstützen. Im Bereich Sport klappt es sehr gut. In den anderen Bereichen gibt es durchaus Reserven. Die GBA werden übrigens nicht von der Stadt sondern vom Freistaat gefördert. Das Problem liegt in der Höhe der Finanzen. Die Gesamtsumme wurde nicht wesentlich erhöht, obwohl mehr Schulen und mehr Schüler/innen dazugekommen sind.
Jana Rüger – DIE LINKE
Liebe Mitglieder des Stadtelternrates, herzlichen Dank für die Chance, Ihnen meine Ideen vorzustellen zu dürfen. Die gestellten Fragen sind recht komplex und daher eigentlich nur sehr umfassend zu beantworten. Anbei mein Versuch es kurz zu halten (ja, das ist schon die kurze Variante! ?) aber trotzdem verständlich zu erklären. Ich hoffe, es ist mir gelungen. Jana Rüger, Wahlkreis Leipzig Mitte
Mit welchen Mitteln kann – nach Ihrer Meinung – mit kommunalen Mitteln die Lernfreude und damit die schulischen Erfolge gesteigert werden?
Kinder sind grundsätzlich wissbegierig und neugierig. Das bestätigen verschiedene wissenschaftliche Studien ebenso wie den Umstand, dass die Lernfreude in der Schule mit zunehmendem Alter häufig abnimmt. Um die Freude am Lernen zu erhalten, sollten meines Erachtens zwei Voraussetzungen erfüllt werden: a) Weniger Konkurrenz- und Leistungsdruck o durch individuelle Förderung o und gemeinsames Lernen statt Separierung schon nach der Grundschule b) Umgang auf Augenhöhe. Zu a) Meines Erachtens vergeht Schüler*innen die Lust am Lernen, wenn sie das Gefühl haben im Vergleich zu Anderen nicht schritthalten zu können. Insbesondere wenn man ihnen permanent suggeriert, dass sie gute Noten und am besten ein Abitur und Studium brauchen, damit sie später überhaupt erfolgreich im Beruf konkurrieren und sich selbst verwirklichen zu können. Umgekehrt langweilen sich überdurchschnittliche Schüler*innen im gegenwärtigen System, weil sie sich nicht genügend gefordert werden. Auch dann geht die Lernfreude verloren. Deswegen müssen wir meiner Meinung nach stärker auf die individuellen Lernbedürfnisse der Schüler*innen eingehen, mit individuellen Aufgaben und Zeitfenstern (Lösung vom 45-Minuten-Takt; vgl. hierzu Antwort zu Frage 2) entsprechend des individuellen Leistungsniveaus für deren Erledigung. Auf kommunaler Ebene sehe ich den Ansatzpunkt, um dieses Ziel zu erreichen in der Stärkung von multiprofessionellen Teams. Sprich statt das eine Lehrkraft per „Frontalunterricht“ für alle gleich vorträgt, unterrichtet und begleitet ein Team aus Lehrer*innen, sonderpädagogischen Lehrkräften sowie unterstützende pädagogische, therapeutische und medizinische Professionen und Qualifikationen gemeinsam und unterstützen die Kinder bei individuell zugewiesenen Lernaufgaben. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir in Leipzig noch einen langen Weg vor uns. Ich halte es für nicht realistisch dieses Ziel in der kommenden Legislatur flächendeckend zu erreichen. Gleichwohl können und müssen die Eckpfeiler zur Ermöglichung des Einsatzes solcher multiprofessionellen Teams gesetzt werden: Multiprofessionelle Teams müssen in das Konzept der Schule eingebunden werden. Hier braucht es gemeinsame Anstrengungen von Kommune und Land, aufgrund der jeweiligen Zuständigkeiten für die Professionen, die in der Ganztagsschule zusammenarbeiten sollen. Beispielsweise gilt es die Zusammenarbeit zwischen Hort und Grundschule zu stärken, etwa mit Blick auf die Hausaufgabenhilfe und den Austausch darüber, welche*r Schüler*in in welchem Bereich besondere Unterstützung oder Förderung benötigt. Zudem ist eine deutlich bessere Ausstattung mit personellen Ressourcen notwendig: Zum einen sollte das wissenschaftlich empfohlene Betreuungsverhältnis eingehalten werden und der Personalschlüssel (gesetzlich auf Landesebene zu regeln) deutlich abgesenkt werden. Etwa im Hort sollte eine Fachkraft alleine nicht 24 Kinder oder sogar mehr betreuen, wie das aktuell der Fall ist! Zum anderen brauchen wir natürlich generell mehr Personal, wenn ein ganzes Team statt nur einer Lehrkraft einer Klasse zugewiesen ist. Die Berücksichtigung der persönlichen Stärken und Schwächen der Schüler*innen wird meines Erachtens auch nur in Klassen mit kleinen Gruppenstärken gelingen. Trotz des herrschenden Personalmangels muss gesichert bleiben, dass Klassen nicht mehr als 24 Schüler*innen umfassen. Schließlich muss die Schulsozialarbeit ausgebaut werden. Es soll mindestens eine*n Schulsozialarbeiter an jeder Grund-, Förder-, Ober- und Berufsschule der Stadt geben und zudem Schulsozialarbeit auch an Gymnasien etabliert werden. ➔ Exkurs: Fachkräftemangel darf meines Erachtens auch kein Argument sein, nicht dennoch diese Punkte anzugehen! Im Gegenteil: Eine bessere Ausstattung mit finanziellen wie personellen Ressourcen macht auch das Berufsbild attraktiver, so dass dann auch mehr junge Menschen motiviert sind, diese Berufe zu ergreifen. Einen weiteren Ansatz sehe ich in der längeren gemeinsamen Beschulung von Schüler*innen über die Grundschule hinaus, statt sie anhand ihres bisherigen Erfolgs bereits nach der Grundschule zu trennen. Bislang wird schon in der Grundschule großer Druck durch Lehrer*innen aber auch Eltern aufgebaut, möglichst eine Gymnasialempfehlung zu erhalten. Wer das nicht schafft, fühlt sich im schlimmsten Falle „aussortiert“ und abgehängt – was kaum motiviert. Dem ließe sich über eine gemeinsame Beschulung unterschiedlicher Leistungsniveaus in Verbindung mit dem Einsatz multiprofessioneller Teams Abhilfe schaffen. So sind Studien zufolge in einer stabileren Lernumgebung und -gruppe neben dem Effekt der stärkeren sozialen Integration u.a. auch der Lernerfolg größer. Deswegen unterstütze ich den Volksantrag „Länger gemeinsam Lernen“, der sich für die optionale Einführung einer Gemeinschaftsschule neben den existierenden Schulformen einsetzt. Ich hoffe sehr, dass der Antrag erfolgreich ist, die Landesebene die Option zur Gemeinschaftsschule rechtlich eröffnet und werde mich dafür einsetzen, dass dieses Modell in Leipzig dann auch erprobt wird. (Von einem flächendeckenden „Zwang zur Gemeinschaftsschule“ und langfristigen Abschaffung der anderen Schularten halte ich jedoch wenig. Damit das Modell Akzeptanz erfährt und Erfolg haben kann, muss die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen freiwillig bleiben. Zu b) Ich glaube, Kinder und Jugendliche fühlen sich häufig von Pädagoginnen – egal ob Lehrer*in oder bspw. Schulsozialarbeiter – nicht ernst genommen. Besonders bezeichnet fand ich in diesem Zusammenhang diese Aussage des sogenannten „Kinderbeirates“ zu einer Studie der Bertelsmann Stiftung zum Thema Bekämpfung von Kinderarmut: Hier betonen die Jugendlichen, dass sie sich wünschen würden, dass ihre Lehrer*innen sie nicht nur „als Job ansehen würden“, sondern sich wirklich auf die Schüler*innen einlassen würden und ihnen auf Augenhöhe zu begegnen, sie ernst nehmen. Das hat aber auch etwas mit Haltung zu tun – hier ließe sich etwa während der Ausbildung sozialpäd. Fachkräfte z.B. für den Einsatz im Hort oder in multiprofessionellen Teams (also, sofern in kommunaler Verantwortung) entsprechend darauf hinwirken. Zudem muss es neben den Lehrkräften Ansprechpartner geben, die „neutral“ sind und mit dem System „Schule“ an sich erst einmal nichts zu tun haben (kein „Vertrauenslehrer“!). Um wirklich eine vertrauensvolle Umgebung zu schaffen, muss gewährleistet sein, dass die oder der Ansprechpartner keine Informationen an Lehrkräfte, Mitschülern oder Eltern weitergibt – zumindest so lange nicht, sofern die Parteien sich nicht gemeinsam hierauf einigen. Schließlich halte ich das Ermöglichen von Mitbestimmung der Schüler*innen wichtig für die Identifikation mit der Schule: Kinder und Jugendliche haben oft gute und konstruktive Verbesserungsvorschläge – sie sind schließlich die unmittelbar „Betroffenen“ des Schulsystems. Wenn man ihnen die Gelegenheit bietet, diese einzubringen und aktiv ihre Schulumgebung mitzugestalten, bin ich fest davon überzeugt, dass auch die Motivation steigt in so eine Schule zu gehen. Zentral wichtig für das Gelingen ist in diesem Zusammenhang, dass die Mitbestimmung kein „zahnloser Tiger“ sein darf, sondern die Vorschläge und Vorstellungen wirklich ernst genommen werden müssen! Idealerweise gibt es von vorneherein Abstimmungsmechanismen o.ä. deren Ergebnisse bindend sind.
Die inklusive Beschulung von Kindern mit sonderpädagogischen Förderbedarf schreitet weiter voran. Sind die Leipziger Schulen dafür geeignet ausgestattet?
Ich bin ein großer Fan vom Konzept alle Kinder auf einer Regelschule gemeinsam zu „beschulen“. Ohne ins Detail gehen zu wollen, das hat so viel positives Potential – sei es bei der sozialen Durchmischung und Bekämpfung (struktureller) Kinderarmut, der verbesserten Sozialkompetenz der Schüler*innen, der Integration fremdsprachiger Kinder oder eben auch für das Thema Inklusion. Die Schulen auch in Leipzig sind hierfür aber nicht flächendeckend ausreichend ausgestattet, aus verschiedenen Gründen: Eine gute inklusive Schule separiert nicht und sortiert nicht aus. Insofern ist sie das Gegenteil des selektiven Schulsystems, das wir derzeit praktizieren. Solange das deutsche Schulwesen in seiner Mehrgliedrigkeit bestehen bleibt, sind dem Inklusionsprozess Grenzen gesetzt. Ein Grund mehr, zumindest die Option zu längerem gemeinsamen Lernen (vgl. Antwort zu Frage 1) durch die Einführung der Gemeinschaftsschule zu eröffnen und – sofern der entsprechende Volksantrag erfolgreich ist – dieses Format in Leipzig dann auch ausprobiert wird. Insgesamt sind der Umgestaltung des Schulsystems auf kommunaler Ebene aber klare Grenzen gezeigt. Barrierefreie und wohnortnahe Schulen sind eine weitere Grundvoraussetzung für eine inklusive Schule. In Leipzig gibt es noch einiges an Investitionen zu tätigen – es sind bei weitem nicht alle Schul- und Hortgebäude barrierefrei. Inklusion braucht verschiedene Professionen und individuelle Betreuung. Hier sehe ich erneut die Förderung des Einsatzes von multiprofessionellen Teams (vgl. Antwort zu Frage 1) als zentrales Instrument. Auch die Zusammenarbeit mit Eltern spielt eine wichtige Rolle. Alle Entscheidungsfragen zu den Bildungs-, Beratungs- und Förderangelegenheiten des Kindes müssen von Beginn an und kontinuierlich mit den Eltern beraten und immer wieder neu abgestimmt werden. Die Angebote der Schule müssen dazu eng mit den außerschulischen Diensten, die die Eltern für ihr Kind in Anspruch nehmen, verzahnt werden. inklusives Lernen verlangt eine durch Individualität und damit auch Flexibilität geprägte Lernkultur. Um sich auf die individuellen Bedürfnisse aller Schüler*innen einlassen zu können, um Leistungsanforderungen und Lernzeiten nach geistigen und körperlichen Fähigkeiten zu differenzieren braucht es Zeit. Eine Taktung in standardisierte 45-Minuten Einheiten widerspricht einem solchem Ansatz. Gute, verbindliche Ganztagsschulen bieten nach meiner Meinung das Potential, dass sich Lernen, Fördern und Erholung abwechseln und keinem festen Zeittakt unterliegen. Lerngegenstände können auf unterschiedliche Weise in unterschiedlicher Zeit bearbeitet werden. Dies kann es allen Schüler/innen ermöglichen, sich weiterzuentwickeln und – nicht zuletzt – auch Spaß am Lernen zu entfalten. Die Aufgabe der Kommunalpolitik sehe ich hier darin, gemeinsam mit der Landesebene den Ausbau und die qualitative Verbesserung des Ganztagesschulsystems voranzutreiben. Schließlich sind erneut (vgl. Antwort zu Frage 1) eine bessere Personal- und Sachausstattung sowie kleinere Klassengrößen notwendig für individualisiertes, handlungsorientiertes und ganzheitliches Lernen und somit auch für das Gelingen von Inklusion zwingend erforderlich. Die aktuelle Ausstattung ist bei weitem nicht ausreichend.
Viele Schulen nutzen die von der Stadt geförderten Ganztagsangebote. Empfinden Sie diese als vielfältig gestaltet, den Bedürfnissen der Schüler angepasst und den Schulalltag ergänzend?
Prinzipiell ist erst einmal zu begrüßen, dass es überhaupt Ganztagesangebote (GTA) gibt. Nichtsdestotrotz: Hier ist noch Luft nach oben! Um nur mal zwei Beispiele zu nennen: Ich höre als hauptberufliche Gewerkschaftssekretärin bei der GEW Sachsen immer wieder Berichte von Kolleg*innen aus dem Hort, die sich mit viel Herzblut und Eigeneinitiative bzgl. der GTA einbringen. Teilweise opfern diese Kolleg*innen ihre Freizeit und bezahlen Materialien mit eigenen Mitteln, um den Kindern bestimmte Angebote machen zu können. In anderen Fällen können z.B. Kinder die GTA nicht wahrnehmen, weil sie nicht kostenfrei sind und ihre Familien selbst 1-2 € pro Angebot nicht aufbringen können. Beides kann meines Erachtens nicht sein: Es ist eine staatliche Aufgabe, dafür zu sorgen, dass vielfältige und den schulalltag ergänzende Angebote angeboten werden können! Die qualitative und quantitative Entwicklung der Ganztagesangebote in allen Schularten und deren auskömmlich Finanzierung sowie personelle Absicherung ist ebenso eine zentrale Forderung im Kommunalwahlprogramm der LINKEN wie auch die Unterstützung pädagogischer Konzepten, die eine Kooperation von Grundschule und Hort noch weiter verbessert. Beide Forderungen unterstütze ich voll! Abschließende Bemerkung: Ich habe mich bemüht, dort, wo mir konkrete Lösungsansätze vorschweben, diese bereits auch zu benennen. Allerdings bin ich keine Pädagogin und meine Unterrichtserfahrung beschränkt sich auf das Lehren an der Universität Leipzig (sprich Bereich Erwachsenenbildung). Bei manchen Punkten habe ich daher nur eine Idee oder Vision, was das Ziel sein sollte. Für die Entwicklung von Schritten und Maßnahmen, wie sich dieses Ziel erreichen ließe, bin ich bei diesem Punkten besonders auf den Austausch mit den betroffenen Kolleg*innen, Kindern und Eltern angewiesen. Eine solche Rückkopplung halte ich ohnehin für ganz wichtig, um nicht im sprichwörtlichen „Elfenbeinturm“ Maßnahmen zu beschließen und zu finanzieren, die keiner braucht und will.