Der Landesbildungsratdiskutiert den Aspekt der die frühkindlichen Bildung. Ines Mäder aus dem Arbeitskreis Förderschulen und Mitglied im Landeselternrat hat sich in das Thema eingearbeitet und folgende Betrachtungen aus Sicht der Eltern aufgeführt:
Frühkindliche Bildung
Ich stehe der frühen Medienbildung sehr kritisch gegenüber.
Frühestens im Vorschuljahr sollte im Kindergarten ein Kontakt mit digitalen Medien stattfinden. Dem allgemeinen Kompetenzerwerb wird im Konzept richtigerweise der Vorzug gegeben.
Allerdings gebe ich zu Bedenken, dass der sächsische Bildungsplan schon recht hohe Anforderungen an die Kinder stellt. Hier in Leipzig sind zudem – durch Teilzeitverträge und Fehlzeiten bedingt – vormittags bis zu 18 Kinder in einer Gruppe und werden von nur einer Erzieherin betreut (so man dieses Wort bei dem Schlüssel noch verwenden kann). Da muss aber auch dem unterschiedlichen Entwicklungsstand der Kinder Rechnung getragen werden und eine Angleichung des Bildungsniveaus Vorrang haben. Um den zusätzlichen Anforderungen gerecht zu werden, müssen zuerst grundlegende Strukturen geändert werden (Änderung des Betreuungsschlüssels). Hier würde ich eine Auffächerung der des Zieles Finanzierung in Sachmittel und interne/externe Finanzbedarfe bevorzugen. Allein durch externe Partner kann das nicht geleistet werden, letztlich wird der Alltagsbezug sonst nicht vermittelt (ich habe mein Smartphone auch nicht nur eine Stunde pro Woche zur Verfügung).
Kinder lernen viel spielerisch, sie erkennen früh den Unterhaltungswert von Smartphone, Tablet und Co. Den eigentlichen Zweck (Smartphone als Telefon, Laptop als kleinen Computer für Briefe schreiben und Rechenfunktionen) lernen sie nicht. Und hier sehe ich eine Gefahr einer falschen Richtungsweisung, da die Kinder in der weiteren Entwicklung auch Unterhaltung vor Information stellen. Das später noch zu korrigieren ist schwer bis gar nicht, nach den persönlichen Lernfähigkeiten der Kinder wird nicht unterschieden (gravierend in Punkt 2).
In jedem Elternratgeber wird ausgeführt, dass im Vorschulalter die tägliche Medienzeit höchstens 30 Minuten betragen soll. Auch der Sandmann mit seinen 10 Minuten zählt zur Medienzeit.
Weiterhin wird darauf verwiesen, dass jeglicher Medienumgang zu Konzentrationsmängeln führen kann da die Kinder aufgrund ihrer körperlichen Entwicklung noch gar nicht in der Lage sind, die Informationen altersgerecht zu verarbeiten. Zu Art und Umfang der Medienbildung fehlen Angaben. Sicherlich ist das auf den Alltag schwer zu beschränken. Aber hier muss zuerst die Elternbildung zum Medienumgang (in allen Bildungsschichten) erfolgen. Ein Elternratgeber ist ungenügend, zu oft wird dieser von bildungsfernen Haushalten nicht gelesen bzw. notwendiges Umdenken im eigenen Handeln daraus nicht erkannt. Im zweiten Schritt müssen Absprachen zwischen Kita und Elternhäusern in Bahnen gelenkt werden. Dazu fehlen mir jegliche Aussagen.
Wie bereits aufgeführt, zählt für Kinder bei Medien hauptsächlich der Unterhaltungswert. Bereits jetzt haben ca. 1/3 der Schulanfänger Probleme im sprachlichen Bereich. Kommunikation und Sprache lernen Kinder durch Interaktion mit Menschen: Geschichten vorlesen, gemeinsam Bilder entdecken und besprechen, vom Tag erzählen. Gleichzeitig wird der soziale Bezug gestärkt: Kinder bekommen aktive Aufmerksamkeit von den Eltern und im Spiel mit Gleichaltrigen können sie selbst Entwicklungen anpassen und ausbauen. Diese prägenden Punkte kann keine Maschine ersetzen.
Eine Definition, welche Medien eingesetzt werden sollen, fehlt gänzlich. Ist es wirklich sinnvoll, Smartphones und Spielekonsolen in einem Kindergarten einzusetzen? Weckt dies bei Kindern, welche von den Elternhäusern im Umgang mit Medien bewusst eingeschränkt werden, nicht erst das Verlangen nach Medien? Werden Kinder – je nach Erziehung – ausgegrenzt?
Kinder- und Jugendbildung
Die Altersgruppe der Kinder und Jugendliche ist weder unter Punkt 1 noch unter Punkt 2 abgegrenzt. Für mich umfasst es die Altersgruppe der 6- bis 18-jährigen Kinder. Hier muss dringend eine Differenzierung nach Altersgruppen stattfinden, z.B. nach Grundschule und weiterführende Schule. Dies differenziert bisher nur die AG Digitale Medien.
Sie beschreibt die 6-12jährigen als „Digital Natives“ und scheinbar medienkompetent und unterstellt den Abgleich von Darstellung und Realität (S. 3, Punkt 4.2). Eben das sehe ich nicht. Sie wissen, dass durch Bewegung eine Reaktion am Medium erfolgt. Warum, dass wissen Sie nicht. Die Generation X hat noch gelernt, dass ein Computer erst nach Anweisung etwas tut, also programmiert werden muss. Davon wissen die heutigen Kinder nichts mehr. Auch werden Plattformen wie Wikipedia und Darbietungen auf Youtube nicht oder nur ungenügend auf den korrekten Inhalt hinterfragt.
Bei den weiterführenden Schulen muss zudem unbedingt beachtet werden, dass Fähigkeiten und Möglichkeiten weit auseinanderdriften. Sowohl im eigenen Lernvermögen als auch dem Familien- und Freundeskreis. Ein Gymnasiast, oft aus einem bildungsnahen Haushalt stammend, wird den Umgang mit Medien anders erlernen und reflektieren als ein Lernförderschüler aus einem bildungsfernen Haushalt. (Ziel: lernzieldifferenzierte Kompetenzvermittlung)
Die Idee des virtuellen Lernortes Youtube lehne ich ohne Konkretisierung ab. Zu oft wird –gerade im Grundschulbereich- alles geglaubt und für wahr befunden. Egal welchen inhaltlichen Anspruch das Gesehene hat. Auch sind in Youtube zu wenige und nur versteckt zu findende Funktionen zur Vermeidung von jugendgefährdenden Inhalten enthalten.
Eine Idee wäre für mich der Ausbau von Robotikkursen, auch schon im Grundschulbereich. Hier können die Kinder viele Grundlagen (wenn – dann-Prinzip) lernen und erleben. Leider fehlen hier im Ergänzungsbereich der Schulen sowohl die finanziellen Mittel (Ausstattung ist auch im GTA-Bereich schwierig umzusetzen) und die personellen Ressourcen (intern wie extern).
Ein respektvoller Umgang in den sozialen Netzwerken sollte ein Ziel sein. Sowohl aktuell wie auch zukünftig. In der Schule – und damit für alle Kinder gleich und unabhängig vom Bildungsgrad der Eltern – können dies klassenübergreifend und problemorientiert die Schulsozialarbeiter. Hier gibt es bereits in den Grundschulen derzeit dringenden Handlungsbedarf, aber auch weiterhin in den weiterführenden Schulen. Maßnahme wäre die zeitnahe Ausweitung der gesetzlich normierten Versorgung der Schulen mit Schulsozialarbeitern, ausgehend von der aktuellen Regelung für die Oberschulen auf zukünftig alle Schularten.
Familienbildung
Familien erreicht man in Gebieten mit hoher Siedlungsdichte schon zeitig in Mütterzentren. Hier kann man sehr früh in Krabbelkursen und ähnlichen freiwilligen Zusammenkünften die Eltern auf ihre eigene Vorbildfunktion hinweisen und anleiten. Selbst eine Hebamme kann bei Besuchen vor Ort schon feststellen, ob das Neugeborene ständig Ton- und Lichtaufnahmen (Radio, Fernseher) ausgesetzt ist. Hier können sehr frühzeitig Maßnahmen angesetzt werden, die Familien in allen Bildungsschichten nah erreichen.
Für Jugendliche / Heranwachsende können Jugendclubs einen ähnlichen Einfluss nehmen und sollten im Kreis der Multiplikatoren aufgenommen werden. Auch der Ausbau der Schulsoziarbeit (eine Person auf 300-400 Kinder reicht meist nicht) kann hier ansetzen, insbesondere da der Einfluss der Eltern mit zunehmendem Alter abnimmt.
In den Zielen der Familienbildung muss auch nach Alter der Kinder differenziert werden. Auch wenn Eltern kritisch und sensibel mit Medien umgehen und auch den Kindern vorleben, so ist der Einfluss von Gleichaltrigen insbesondere bei Jugendlichen nicht zu unterschätzen. Was nicht bis 12 schon vermittelt ist, wird dann schwierig. Beim Aufkommen neuer Plattformen ist es auch für Eltern schwierig, dies immer sofort und auch im vollen Ausmaß zu erkennen. Hier muss die Zusammenarbeit von Schule und Eltern gestärkt werden, da neue Entwicklungen in den Schulen oft schneller erkannt werden.