Basierend auf qualitativen, persönlichen Interviews sowie einer repräsentativen Online-Befragung zeigt die Cornelsen Schulleitungsstudie, was Schule aus Sicht von Schulleitungen leisten muss und wie eine Schule der Zukunft entstehen kann.
Schule in Deutschland – Eine Bestandsaufnahme
- Deutschlands Schulleitungen bleibt kaum Zeit, sich mit der Weiterentwicklung ihrer Schulen zu beschäftigen. Der Grund: Sie müssen zu viele kleinteilige Aufgabenbereiche bewältigen. Administrative Tätigkeiten beanspruchen einen Großteil ihrer Arbeitszeit – 54 Prozent verbringen damit wöchentlich mehr als 10 Stunden.
- Die aktuell wichtigsten Themen, mit denen sich Schulleitungen beschäftigen, sind digitale Ausstattung (67 Prozent), bauliche Themen wie Sanierungen, Um- oder Neubauten (62 Prozent), Digitalisierung des Unterrichts (58 Prozent) und die Gewinnung von neuem Lehrpersonal (54 Prozent).
- Zum Befragungszeitpunkt im Herbst 2021 schauten 72 Prozent der Schulleitungen unzufrieden auf die vergangenen 12 Monate zurück. 52 Prozent blickten der Zukunft ihrer Schule optimistisch entgegen.
Was soll Schule leisten?
- 93 Prozent der Schulleitungen sind dafür, dass im Unterricht mehr Lebenskompetenzen vermittelt werden sollten, um Schüler/-innen besser auf das Erwachsensein und die Arbeitswelt vorzubereiten. Besonders wichtig sind dabei die Themen „Digitale Bildung und Mündigkeit“ (92 Prozent), „Gesundheit und Ernährung“ (90 Prozent) sowie „Demokratie“ (88 Prozent).
- Schule soll nicht nur Bildungsstätte sein, sondern auch die Chancengleichheit aller Schüler/-innen ermöglichen – für 97 Prozent der Schulleitungen ist das eine zentrale Aufgabe. Um den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden, sehen 92 Prozent individuelle Förderangebote als Mittel der Wahl zur Minderung der Bildungsungleichheit.
- 80 Prozent der Schulleitungen sprechen sich dafür aus, dass sich Schulleitung auf die Strategie- bzw. die Unterrichtsentwicklung und den Lernerfolg der Schüler/-innen konzentrieren sollte.
Kulturwandel Lernen
- Die Schule der Zukunft muss anders gedacht werden – da sind sich die Schulleitungen in Deutschland einig. Tabus gibt es dabei keine: Sogar der althergebrachte Fächerkanon ist für 82 Prozent nicht mehr zeitgemäß und soll grundlegend überarbeitet werden.
- Es gibt eine klare Tendenz zu einer stärkeren inhaltlichen und fächerübergreifenden Verflechtung von Unterrichtsinhalten. Jede zweite Schulleitung (51 Prozent) nennt projektorientiertes Arbeiten als Zielmodell, 28 Prozent würde eine fächerübergreifende Konzeption ausreichen, 20 Prozent stehen dem interessengeleiteten Lernen offen gegenüber.
- Die Ganztagsschule ist das Modell der Zukunft: Insbesondere in einer gebundenen Form ermöglicht sie Schüler:innen aus Sicht der Schulleitungen, den eigenen Interessen entsprechend über einen längeren Zeitraum und in Gemeinschaft zu lernen und sich zu entfalten. Der gebundene Ganztag wird als ausgleichender Faktor für Bildungschancen gesehen (82 Prozent).
Digitalität und Schule
- Die Digitalisierung von Lerninhalten wird in den kommenden Jahren den Ausbau digitaler Strukturen als wichtigstes Thema ablösen: Das würden 58 Prozent der Schulleitungen unter 40 unterschreiben. Bei den über 60-Jährigen gilt das nur für 40 Prozent.
- Drei von vier Schulleitungen (73 Prozent) sind der Meinung, dass sich Schule an Digitalität, also der Art und Weise, wie Technik zum Lernen genutzt wird, orientieren sollte. Dazu gehört für 97 Prozent auch, dass Schüler/-innen den verantwortungsbewussten Umgang mit digitalen Medien in der Schule lernen.
- Technik soll doppelt Abhilfe leisten: 87 Prozent der Schulleitungen glauben, dass Apps und andere digitale Programme in Zukunft individualisiertes Lernen unterstützen können. Rund acht von zehn (78 Prozent) Schulleitungen sind außerdem überzeugt, dass sich das Schulmanagement durch die Einbindung technischer Hilfsmittel vereinfachen lässt.
Die Schule der Zukunft
- Wenn Schule in Zukunft mehr sein soll als eine reine Bildungsstätte, bedeutet das aus Sicht der Schulleitungen umfassende Veränderungen. Zwei von drei Schulleitungen sehen multiprofessionelle Teams, also die Einbindung von Mitarbeitenden aus Bereichen wie z. B. der Sozialpädagogik, als eines der wichtigsten Elemente für die Weiterentwicklung ihrer Schulen. Ein Grund: Schule muss immer häufiger auffangen, was an erzieherischer Arbeit zu Hause nicht mehr geleistet werden kann.
- Schulleitungen fordern mehr Autonomie und Gestaltungsfreiheit: Dazu gehören neben der Befugnis zur Ausgestaltung der schulischen Bildung (77 Prozent) eine umfassendere Entscheidungsbefugnis bei der Auswahl des Personals (54 Prozent), die eigenständige Organisations- und Unterrichtsentwicklung (46 Prozent) sowie Mittelvergabe (44 Prozent).
- Um den Lernerfolg der Schüler:innen durch qualitativ hochwertigen Unterricht gewährleisten zu können, wünschen sich 72 Prozent regelmäßige Fort- und Weiterbildungen für das Lehrpersonal. Auch einer Fortbildungsverpflichtung stehen Schulleitungen offen gegenüber.
- 96 Prozent der Schulleitungen wünschen sich für sich selbst regelmäßige Weiterbildungsmöglichkeiten, um ihrer Rolle rundum gerecht werden zu können. Für 89 Prozent sind Fortbildungen eine wichtige Inspirationsquelle für die Schulentwicklungsarbeit. Trotz allem Elan bleiben rund jeder zweiten Schulleitung nur maximal drei Stunden pro Woche für Entwicklungsaufgaben. Eine Entlastung auf administrativer Ebene könnte dem entgegenwirken (59 Prozent).