Die Zeitungen sind voll mit Berichten von abgewiesenen Bewerbern für eine Lehrerstelle. Wo doch Sachsen händeringend Lehrer sucht, eigentlich ein Unding. Also fragen die Elternratsvorsitzenden der Kreiselternräte (KER) Leipziger Land Yvonne König, Nordsachen Thomas Pfeil und der Stadt Leipzig Petra Elias beim Agenturleiter Jörg Heynoldt nach.
Was ist dran an diesen Berichten?
Werden wirklich geeignete Bewerber abgewiesen?
Die Antwort ist so vielschichtig, wie die Unterrichtsfächer des Lehrplanes. Doch zunächst zu den Fakten.
304 Schulen betreut die Sächsische Bildungsagentur (SBA) im Raum Leipzig. Etwa 8000 Lehrer sind in der Sächsischen Bildungsagentur, Regionalstelle Leipzig angestellt. 337 Lehrerstellen galt es zum Schuljahresbeginn zu besetzen, nachdem zum 01.08.2016 bereits 388 Stellen, zum 01.10.2016 weitere 22 Stellen und zum 01.02.2017 weitere 200 Stellen besetzt werden konnten.
Bis Ende Juli 2017 konnten insgesamt 1065 Lehrkräfte auf 941 Stellen, darunter ca. 200 auf knappe 174 Stellen – teils auf eigenen Wunsch in Teilzeit – eingestellt werden.
Die Zahlen für Leipzig für den Sommer 2017
Die Bewerberzahl bei den Leipziger Gymnasien war wie schon in den letzten Jahren sehr hoch, erfahren die Elternvertreter. Die verfügbaren 20 Stellen konnten mit 25 Lehrern besetzt werden. Das Hauptaugenmerk lag hier auf den Mintfächern. Ziel sei immer, die besten Bewerber nach Leistung, Befähigung und Eignung in der gesuchten Fächerkombination auszuwählen.
Ablauf des Auswahlverfahrens
Nach Abschluss der Einstellungen im Gymnasium habe man 180 Gymnasialbewerber mit geeigneter Fächerkombination angeschrieben mit der Frage nach deren Bereitschaft, an einer Oberschule oder einer Grundschule zu unterrichten. Immerhin 35 Bewerber meldeten sich daraufhin zurück und bekundeten damit ihr Interesse.
Einige haben sich dann tatsächlich für diese Schulformen entschieden. An den Grundschulen sind nahezu nun alle 114,16 von 116 Stellen neu besetzt. An den Oberschulen konnten fast alle 124,34 von 126 Stellen besetzt werden. An den Förderschulen fanden im Gebiet des Stadtelternrates in diesem Verfahren nur wenige Anstellungen statt, diese gingen zu Gunsten des Umlandes.
Die Zahlen geben Stellen, d. h. Vollzeitäquivalente wieder. Da zahlreiche Lehrkräfte nicht Vollzeit arbeiten möchten, kommen auf die angegebene Zahl von Stellen deutlich mehr eingestellte Personen.
Ohne Seiteneinsteiger ging es nicht. 90 Seiteneinsteiger beginnen zum 1. Juli oder zum 1. August ihre Lehrerlaufbahn. 80 Seiteneinsteiger starten aus individuellen Gründen erst zum 1. September 2017.
Warum wurden also dann doch so viele Lehrer abgelehnt?
Über 2800 Bewerbungen haben die SBA für ganz Sachsen erreicht. Nicht jede der eingegangenen Bewerbungen sei berücksichtigt worden. Zum einen, weil die Fächerkombination nicht gebraucht wurde. Zum anderen, weil die Erstbewerbung z. B. in Chemnitz erfolgte und die fünf Regionalstellen der Bildungsagentur sich die Bewerber nicht gegenseitig abspenstig machen. Konkurrenz komme von den anderen Bundesländern zur Genüge. Etliche Bewerber haben sich selbst aus dem Anstellungsverfahren zurück- gezogen, weil die angebotenen Schulen vom Standort her nicht in die eigene Lebensplanung passten oder die Schulform nicht gewollt wurde.
Herr Heynoldt will Transparenz.
In der Regionalstelle Leipzig wurden keine Bewerber berücksichtigt, die lediglich über einen Bachelorabschluss verfügen. Lehramtsabsolventen zwischen erstem Staatsexamen und Referendariat werden zur Überbrückung von Engpässen im Bereich der Unterrichtsversorgung eingesetzt.
Nach Möglichkeit soll es nur 1 bis 2 Seiteneinsteiger pro Schule und Zeitraum geben. Durch die versetzte Einstellung werden die ersten Seiteneinsteiger nach den Oktoberferien und die letzten zum 1. Dezember 2017 den Schulen voll umgänglich zur Verfügung stehen. „Es wurde innerhalb des Agenturbereiches darauf geachtet, die möglichen „Problemzonen“ gleichmäßig über die Schulen zu verteilen“, sichert Herr Heynoldt den Elternvertretern zu.
Willkommen im Lehrerzimmer
Die Bildungsagentur wirbt für eine Willkommenskultur in den Schulen. Bestimmt keine einfache Sache, bei den Gehaltsunterschieden oder eben, weil es diese nicht gibt, befinden die Elternvertreter. „Als Konsequenz seien in dem Weiterbildungskatalog der Agentur diesbezüglich Angebote für Schulleiter aufgenommen worden“, sichert Referatsleiterin Querschnittsaufgaben Frau Willhöft, den Eltern zu.
Neben den aktuellen Zahlen fragen die KER-Elternvertreter nach denen aus dem letzten Jahr.
Wie viele der Seiteneinsteiger sind vom letzten Schuljahr noch an den Schulen? „Im Schulbetrieb sind immer noch ca. 90 %“, kommt die prompte Antwort von Frau Kahnt, Abteilungsleiterin Schulen.
Oberste Priorität hat die Sicherstellung, dass die Prüfungen von den Schülern geschafft werden. Abschlussklassen und Eingangsklassen sollen Schwerpunkt der Unterrichtsversorgung sein.
Vertretung aus dem Vertretungslehrerpool
Im Schuljahr 2016/17 waren gut 440 potentielle Vertretungslehrer im Pool. Dieser setzt sich zusammen aus Rentnern, Seiteneinsteigern sowie Absolventen des ersten Staatsexamens, die auf ihr Referendariat warten. „Für einige ist dies eine gute Gelegenheit, sich in dem Bereich auszuprobieren und die eigene Eignung festzustellen“, fasst Herr Heynoldt zusammen. So konnten im abgelaufenen Schuljahr im Bereich der Bildungsagentur Leipzig über 100 Stellen besetzt und damit durchschnittlich 2600 Unterrichtsstunden pro Woche vertreten werden. Der Pool ist, sofern Personal vorhanden, ausbaubar.
Bildungsempfehlung und Losverfahren
Die Broschüre der Stadt zu den Gymnasien und Oberschulen mit freien Kapazitäten habe geholfen. Die Anzahl der Schüler denen weder der Erst-, Zweit- oder Drittwunsch erfüllt werden konnte, lag bei der gymnasialen Bildungsempfehlung unter 100. Die Verfahrensanweisung zum Losverfahren hat sich wohl tatsächlich bewährt.
An den Oberschulen lag die Umlenkung der Schüler, denen weder der Erst-, Zweit- und Drittwunsch gewährt werden konnte unter 10 Kindern.
Trotz der Änderungen in der Bildungsempfehlung geht in Leipzig die Mehrzahl der Kinder (50,5 % der Schüler) gleich an die Oberschulen. Der zweite Bildungsweg zum Abitur erfreut sich steigender Beliebtheit.
Nach drei Stunden intensiven Austausches sind die KER-Vorsitzenden überzeugt, was möglich ist, hat die Agentur in der Vorbereitung für das neue Schuljahr getan.
Bericht vom 3.08.2017 von Petra Elias