In Leipzig gibt es jetzt einen Indikator für die Stellen-Vergabe von Schulsozialarbeitern (SSA) an Schulen. Damit soll sicher gestellt werden, dass jede Ober- und Grundschule und Gymnasien nach Bedarf mit mindestens einem Schulsozialarbeiter ausgestattet werden. Die Stadt geht dafür in Vorleistung.
Das Budget dazu sollte eigentlich vom Land Sachsen kommen. Doch wann und wie, das steht noch nicht fest. Auf die Nachfrage des Stadtelternrates erhielten wir folgende Antwort vom Koordinator für Jugend und Bildung Planungsraum Grünau Alexander Jäger:
„Der Sachstand ist aktuell folgender: Über das Förderprogramm SSA stehen für Sachsen 8,5 Mill. (Leipzig 1,137 Mill. €) für den Zeitraum von fünf Monaten (08-12/2017) und für 2018 15 Mill. zur Verfügung.
Um zusätzliche Kosten in 2018 für die Kommune auszuschließen, werden nur die Mittel in 2017 in den Ausbau gesteckt, die auch 2018 sicher weiter finanziert werden können. Das bedeutet einen durchaus erheblichen Ausbau um 22 Stellen und eine Aufstockung an drei Grundschulen, die sozial-indikativen Berechnungen folgt. Würde man die Stellen der FRL Kompetenzentwicklung erhalten, müsste man entsprechend diesen Berechnungen nahezu alle Oberschulstandorte mit zwei Stellen ausstatten. Das wäre selbst durch eine finanzielle Aufstockung nicht zu realisieren und würde zudem auch der bedarfsgerechten Verteilung von SSA widersprechen.
Wie die Schulgesetznovelle, nach der jede Oberschule SSA haben soll, finanziell umgesetzt werden soll, ist noch nicht verbindlich geklärt. Laut Gesetz soll es dafür ein eigenes Förderprogramm des SMK geben, parallel würde dann die FRL SSA weiter bestehen. Ggf. geht das Förderprogramm des SMK aber auch in der FRL SSA (SMS) auf. Dazu liegt der Stadt Leipzig noch keine verbindliche Information vor.“
Stadt geht in Vorfinanzierung
Doch nicht nur die Finanzierung ist noch zu klären. An einigen Schulen läuft mit dem Ende des Schuljahres 2017 auch die ESF-Förderung von acht Sozialarbeitern aus. Deren Aufgabe war es, den Schulsozialarbeiter (SSA) der Schule zu unterstützen und insbesondere Schulverweigerer zu betreuen. Das die Förderung nicht übernommen wurde, können die Eltern der betroffen Schulen nur schwer verstehen. Und haben daher mit einer Petition an den Stadtverwaltung gewandt. Die Petition: „Oberschulen stärken: Fortsetzung ESF-Projekt „Kompetenzentwicklung“ mit Unterstützung durch 2. Schulsozialarbeiter“ (VI-P-04518) kann Online unterstützt werden.
Doch was hat dies alles mit dem Indikator zu tun?
Zum Hintergrund:
Bisher mussten die SSA einzeln und nach Bedarf vom AJuFaBi beantragt werden. Ein zeitaufwendiges und kostenintensives Verfahren, so Sozialbürgermeister Prof. Fabian.
Den Stadträten im Ausschuss Kinder- und Jugendhilfe war besonders daran gelegen, mögliche Schulabbrecher zu unterstützen. Genau dies war die Aufgabe der auslaufenden ESF-Schulsozialarbeiter-Stellen. Auf diese bezieht sich der Indikator in seiner Gewichtung jedoch nicht. Hauptsächlich wird auf den Anteil der unter 15-jährigen mit Leistungsbezug SGB-II im Stadtteil der Schule geschaut. Das dies die wirkliche Situation an den Schulen nicht abbildet, zeigt, Oberschüler kommen mittlerweile genauso wie Gymnasiasten nicht mehr aus dem unmittelbaren Umfeld der Schule. In der Stichprobe des Stadtelternrates an drei Oberschulen (Paul-Robeson-, Georg-Schumann- und Petrischule) zeigte sich, dass über 70 % der Schüler „weitanreisende Pendler“ sind.
An diesen drei Schulen hatte sich der Anteil der Schüler ohne Abschluss trotz steigender Schülerzahlen in den letzten 4 Jahren sogar verringert. Vielleicht weil eben ein Sozialarbeiter mehr mit diesen Kindern direkt gearbeitet hat.
Wie setzt sich der Indikator zusammen?
Der Indikator misst neben dem Bereich der Anzahl der Schüler und den Empfängern von SGB II im Umfeld auch die Kennzahlen für Migration und Integration. Diese sind in ihrer Gewichtung einfach zu gering, um den Indikator wirksam zu beeinflussen. Ab einem Indikator von 1,84 darf die Schule sich auf einen zweiten Schulsozialarbeiter (SSA) freuen. Geschafft hat diese Hürde nur eine Schule. Wer meint, eine der Schulen mit den höchsten Schulabbrecherzahlen bekommt eine Aufstockung, sieht sich enttäuscht. Weder die 84. noch die 94. Oberschule kommen an diese Stufe heran. Allein die 16. Oberschule kommt in den Genuss des zweiten SSA.
„Es ist sehr bedauerlich, dass keine Evaluation der Schulsozialarbeit die Grundlage des Indikators geworden ist,“ sagt die Vorsitzende des Stadtelternrates Petra Elias. „Warum der Arbeitskreis Schulsacharbeiter der Stadtverwaltung nicht in der Erstellung des Indikators einbezogen wurde, ist unverständlich.“
In Gesprächen tauschten der SER und die Stadtverwaltung ihre Argumente aus.
Die Stadtverwaltung kann den Argumenten des Stadtelternrates folgen. Ändern will man für das kommende Schuljahr jedoch nichts mehr. „Wir haben zumindest erreicht, dass der Indikator im nächsten Jahr in seiner internen Gewichtung geändert wird,“ so die Vorsitzende des Stadtelternrates. „Wir bleiben dran!“
Beitrag Petra Elias vom 8.07.2017