Schulessen: Leipziger Eltern wollen bei den Anbietern mitreden (LVZ, 17.04.2018)

Quelle: Link zur LVZ 06:03 17.04.2018

Das Schulessen in Leipzig wird zum Politikum. Die Stadt will die Vergabe der Portionen für die kommunalen Schulen neu ausschreiben. Die derzeitigen Verträge enden mit dem Schuljahr 2018/19. Ab 2019/20 soll dann eine geänderte EU-Richtlinie fürs Vergaberecht durchgesetzt werden. Wie, ist aber ebenso unklar wie umstritten. Eltern wie Politiker fordern ein Mitspracherecht. „Wir sind die Vertragspartner, müssen das Essen auch bezahlen. Da ist es doch selbstverständlich, dass wir einbezogen werden“, sagt Konstanze Beyerodt vom Stadtelternrat, in dem es eine eigene Arbeitsgruppe „Schulessen“ gibt. „Es ist doch nicht so, dass die Stadt pauschal jedes Schulessen subventioniert.“ Die Eltern wollen verhindern, dass die Schulspeisung europaweit im Gesamtpaket ausgeschrieben wird. Das ist auch rathausintern innerhalb der Ämter umstritten. Doch ein Einlenken zu kleineren Losen deutet sich zumindest an.

Kleinere Anbieter sind bedroht

Schon beim Kita-Essen ist die Stadt eigene Wege gegangen: Anders als früher haben die 48 städtischen Kitas keine Wahl mehr. Nach einer Ausschreibung (acht Lose!) haben die französische Sodexo SCS GmbH für 26 Einrichtungen sowie die B&C Menüküche und Vertriebs GmbH für 22 Einrichtungen den Zuschlag erhalten, bis Februar 2020 die benötigten 6000 Portionen täglich zu kochen. „Wir möchten auf jeden Fall verhindern, dass sich dies beim Schulessen wiederholt“, ergänzt Michael Gehrhardt, der sich ebenfalls im Stadtelternrat engagiert. Denn so eine „Art Einheitsbrei“ würde auch das Aus für viele kleinere Anbieter und damit Arbeitsplätze bedeuten.

Fraktionen wollen kleinere Lose

Deshalb sind sich im Stadtrat alle Fraktionen einig, dass das Schulessen in kleineren Losen ausgeschrieben wird. Die Fraktion Freibeuter sowie die Grünen haben das auch so beantragt. „Die Stadt hat sich aus unserer Sicht verrannt“, sagt Grünen-Fraktionschefin Katharina Krefft. „Die novellierte Bundesgesetzgebung gibt es nicht her, die Speisenversorgung als Konzessionsvergabe durchzuführen.“ Das Rechtsamt der Stadt vertrete da aber eine andere Auffassung, die auch dem politischen Willen vieler Stadträte widerspreche.

Schulkonferenzen sollen beteiligt werden

Gefordert wird vor allem eine echte Beteiligung der Schulkonferenzen. Krefft: „Was für Schulnamen gilt, muss doch wohl erst recht fürs Essen gelten.“ Naomi-Pia Witte (FDP) von der Fraktion Freibeuter: „Lokale Anbieter, die regionale Produkte anbieten, sind auf mich zugekommen, denn bei der Ausschreibung fürs Kita-Essen hatten sie keine Chance.“ Das sei aber nicht im Sinne einer nachhaltigen Ernährung. „Das Rechtsamt muss ein Prozedere finden, damit dies beim Schulessen anders wird.“ So müssten die Bildungsstätten befragt werden, wie sie die Ausgabe – im Rahmen ihrer räumlichen Gegebenheiten – wünschen. Denn es gebe unterschiedliche Formen wie Cook and Chill, Freeflow oder eben das herkömmliche System.

Die CDU und die SPD wollen nun wissen, ob die beiden Firmen, die die städtischen Kitas beliefern, die in der Ausschreibung geforderten Kriterien überhaupt einhalten. „Wir möchten das Gesundheitsamt beauftragen, dies zu überprüfen“, sagt Karsten Albrecht (CDU). Kriterien sind unter anderem:

  • Essens-Temperatur von mindestens 70 Grad,
  • maximal drei Stunden Zeit von der Zubereitung bis zur Ausgabe,
  • Sortiments-Anteil von zehn Prozent an Bioprodukten und Saisonware,
  • Getränke verschiedener Sorten.

Gebe es erhebliche Mängel, könnten Verträge gekündigt werden, hieß es. „Wenn Schulessen europaweit als Gesamtpaket ausgeschrieben wird, haben unsere kleinen regionalen Anbieter das Nachsehen“, betont Albrecht: „Das wollen alle Fraktionen nicht.“ Das Beste: Jede Schule schreibe einzeln aus. „Wir wollen den Mittelstand fördern.“ In Berlin wurde das Schulessen wenigstens stadtteilweise ausgeschrieben, nennt Krefft ein Beispiel.

Eltern fordern echte Mitbestimmung

Die Eltern haben für die Haltung im Rathaus kein Verständnis: „Eine Pseudo-Elternbeteiligung darf es nicht geben“, so Beyerodt. „Wir haben ein Mitbestimmungsrecht, sind für das Wohl unserer Kinder verantwortlich.“ Niemand wisse, warum im Rathaus der Druck erzeugt wird, die Schulversorgung komplett umzukrempeln. Schließlich wolle die EU-Richtlinie erreichen, dass das Verfahren transparenter wird. Die Diskussion im Stadtrat geht weiter. Ergebnis offen.

Von Mathias Orbeck

SER zum Thema Schulspeisung

 

 

Beitrag von Petra Elias