Digitale Bildung nach Corona – Impulse aus dem Arbeitskreis Gymnasien

Distance Learning – zur Verbesserung von Schule in Leipzig (und Sachsen)

Mit dem Lockdown begann Mitte März für Schüler, Eltern und Lehrer eine neue Zeitrechnung in der Schule.  Distance Learning lautete das Zauberwort, nur was wir alle dabei erlebten war ganz oft überhaupt nicht zauberhaft. Oft waren alle überfordertet und frustriert – Kinder, Eltern, Lehrer. Und gleichzeitig war das Bemühen auf allen Seiten groß, die neue Situation zu bewältigen.

Krisensituationen haben es an sich, dass sie wahre Stärken aufzeigen, aber auch Missstände werden ganz deutlich sichtbar.

Der Arbeitskreis Gymnasien des Stadtelternrates hat sich erstmals am 25.06.2020 wieder real getroffen und dabei die „Coronazeit“ an den Schulen Revue passieren lassen und erste Überlegungen zu möglichen Konsequenzen formuliert.

Hier die verkürzte Zusammenfassung:

1. Distance Learning soll als Lernform an Schule etabliert werden. Sie soll also auch in „coronafreien Zeiten“ ein Teil von Schule sein.
2. Hierzu braucht es zügig eine Rechtsgrundlage.
3. Erfahrungsaustausch zwischen allen Schulen soll regelmäßig organisiert werden – wir brauchen ein einheitlich gutes Niveau an allen Schulen Best Practice Lernen untereinander.

Das Landesamt für Schule und Bildung ist prädestiniert hier die Führung zu übernehmen – auch nach Corona, als ein Teil des Qualitätsmanagements.

Es müssen Standards etabliert werden – Abläufe, Prozesse, Verantwortlichkeiten müssen klar definiert werden.

4. Technische Ausstattung an den Schulen und zwischen den Akteuren muss vereinheitlicht werden, d.h. berücksichtigen kompatibler Systeme zwischen Schule, Lehrern und Schülern.

Auch hier ist ein Setzen von einheitlichen Standards und Absprachen dringend geboten.

Beispielsweise sollten Dokumente nur in bekannten Dateiformaten, wie PDF verteilt werden.

An Schulen, wo es „gar nichts“ gibt, müssen W-Lan-Räume eingerichtet werden. DieSicherstellung von digitalen Arbeitsplätzen (mit Webcam und Mikrofon) für die Lehrer ist ein minimales Muss.

5. Etablieren von fachlichem Know-how für Distance Learning

Wir brauchen auch hier Standards. Das Wissen und Können muss innerhalb und zwischen den Schulen abgleichen und nach oben angeglichen sowie vereinheitlicht werden.

Ebenen: Schulen -> Lehrer -> Schüler

Besonders muss dabei berücksichtigt werden, dass Elternhäuser z.T. NICHT dazu in der Lage sind. Deren Kinder müssen ganz besonders unterstützt werden. Schule muss sie im Blick haben und sicherstellen, dass Chancengleichheit gewahrt wird und dass auch keine strukturelle Diskriminierung entstehen kann.

6. Lehrer müssen grundsätzlich zu Weiterbildung verpflichtet sein.

Dies betrifft das komplette und breite Spektrum an Angeboten für Menschen, die mit Menschen arbeiten. Für Lehrer, die nicht nur Wissen vermitteln sollen, sondern die als Partner die jungen Menschen über viele ganz prägende Jahre auch in ihrem persönlichen Entwicklungsprozess begleiten.

Insofern betrifft das z.B. IT, Entwicklungspsychologie, Supervision, Pädagogik, Moderation,Teamentwicklung, …

Auch bei Distance Learning darf die soziale Komponente, dass miteinander Lernen in digitalen Lerngruppen nicht vernachlässigt werden.

Digitalpakt bedeutet nicht nur bessere Ausstattung in den Schulen – es bedarf unbedingt auch hier der Weiterbildung, des Coachings usw. bei allen Lehrern. Das schließt ausdrücklich das Lernen untereinander, also innerhalb der Kollegien mit ein.

7. Elektronische Plattformen qualitativ prüfen – es gibt große Qualitätsmängel bei Lernsax

Ein Weg ist die beschleunigte Weiterentwicklung von Lernsax.

Es sollten prinzipiell bestehende, existierende Medienformate wie z.B. professionell produzierte Lernvideos genutzt und integriert werden. Das Fahrrad muss nicht 2 x erfunden werden!

8. Schule muss ich öffnen für externes Expertenwissen, besonders da, wo es nicht „fachspezifisch“ ohnehin an Schule vorhanden ist.

Ob bei der Erarbeitung moderner Medienkonzepte, bei der Unterstützung organisationaler Entwicklungsprozesse bis hin zu „Hirngerechtem Lernen“ – das Integrieren von aktuelleund wissenschaftlichen Know How muss zwingend und normaler Bestandteil von Schulentwicklung sein.

Hierzu müssen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die unkompliziert abgerufen werden können. Das sog. Qualitätsbudget ist hierfür zu niedrig. Darüber hinaus wissen viele Schulen es nicht einzusetzen.

9. An den Schulen fehlt grundsätzlich ein verbindliches Qualitätsmanagementsystem.

Ein solches muss zentral gerahmt und vor Ort in jeder Schule täglich gelebt werden. Ein „Verantwortlicher für QM“ reicht hier nicht…

In jedem technischen Unternehmen gibt es Qualitätssicherungssysteme, um Fehler zu minimieren und Qualität ständig zu verbessern – da geht es um technische Güter.

An Schule geht es um Menschen, um Kinder! Und wenn hier etwas „schief läuft“, ist es strukturell derzeit dem Zufall überlassen, ob es erkannt wird und auch wie ein „Problem“ gelöst wird.

Beispielswiese kann Supervision künftig verpflichtend als ein Teil und erster Schritt in Richtung QM an Schulen etabliert werden.

10. Die gewünschte, zumindest öffentlich formulierte, größere Eigenverantwortung an den Schulen braucht mehr Unterstützung.

Schulleitern müssen und sollten das z.T. ebenfalls lernen – oft war eine Überforderung in der Coronazeit erkennbar.

Immer wieder wurde auf Instruktionen vom LaSuB oder aus Dresden gewartet, es wurde gezögert nicht gehandelt.

Gleichzeitig verlangen hier Schulleitungen berechtigt mehr Rechtssicherheit. Auch hier besteht Handlungsbedarf.

Diese Impulse verstehen sich als solche. Sie sollen anregen zur Debatte und zur aktiven Problemlösung.

Sie können weder vollständig die Problemlagen in allen Schulformen beschreiben, geschweige stellen sie eine abschließende Betrachtung dar.

Ich persönlich denke, wir stehen erst ganz am Anfang.

Um die o.g. Herausforderungen zu bewältigen und späterhin moderne, zukunftsfähige Schulen in unserem Land zu haben, müssen wir noch sehr viel tun.

Und wir müssen, so denke ich, vieles neu und vieles anders tun.

André Jaroslawski

AK Gymnasien