Offener Brief – Personalmangel an unseren Schulen

Der gravierende Personalmangel an unseren Schulen ist eines der zentralen und wichtigsten Probleme der letzten und wohl auch der nächsten 5-10 Jahre. Neben fehlenden Lehrer*innen und Schulleiter*innen, kann ein zunehmender Bedarf an Schulsozialarbeiter*innen, Schulassistent*innen, Schulpsycholog*innen bis hin zu EDV-Expert*innen nicht gedeckt werden. 

Der Kreiselternrat Leipzig fordert auf kommunaler und Landesebene eine massive gemeinsame Anstrengung bei der Ausbildung von Personal und eine drastische Aufstockung in allen Arbeitsbereichen, welche die Bildung betreffen. 

Hier in Leipzig steigen die Schülerzahlen ständig, vorhandene Kapazitäten an Lehrkräften sind längst erschöpft, die Zügigkeit der Klassenstufen in Schulen wird dauernd erhöht und schon jetzt fehlen Lehrer:innen massiv. Verschärfende Bildungsungerechtigkeiten, Unterrichtsausfall, misslingende Inklusion auf Grund fehlender Förderschullehrer*innen führen dazu, dass zu der seit Jahrzehnten angeprangerten starken Abhängigkeit des Bildungserfolges vom Elternhaus nun zusehends das notwendige Glück des Geburtsortes hinzukommt. 

Die sozialen Folgen der Corona-Pandemie, der wachsende Leistungsdruck auf SuS sowie psychische und sozial-emotionale Probleme können nur durch intensive Unterstützung unserer Kinder durch Schulsozialarbeit, gut ausgebildeter Förderschullehrer*innen und Inklusionsangebote an allen Schulen gemildert werden. Wenn aber schon die Diagnose auf Grund fehlender Psychologen Jahre dauert, es keine Aufklärung und Information der Eltern bei der Einschulungsuntersuchung gibt und eigentlich zustehende Inklusionsstunden aus Personalmangel entfallen, kann gerade die Unterstützung der Schwächsten nicht gelingen. Eine gerechte Gesellschaft muss die Menschen mit den größten Defiziten auch am stärksten fördern!

Das Digitalisierungsversprechen für unsere Schulen wird bei jedem Festakt, ob gefragt oder ungefragt, in jede Kamera gerichtet. Sind die Kameras aus, fehlt es an Plan, Konzept, Vorgaben und Unterstützung für die Schulen. Fehlende Administratoren und Experten, die bei technischen Problemen schnell helfen, das völlige Ausbleiben klarer pädagogischer Vorgaben und fehlende Experten für eine gelingende Medienkompetenzerziehung verdeutlichen das Stückwerk.

Wenn die Festtagsreden vom Bildungsstandort Sachsen, dem Innovationsland Deutschland und dem Überwinden der Klimakrise durch Innovation und kluge Köpfe in Zukunft mehr sein soll als heiße Luft, entspringt daraus die Notwendigkeit einer bildungspolitischen Wende. Die gerechte Bildung unserer Kinder muss als eines der wichtigsten und entscheidenden Themen endlich seinen angemessen Platz ganz oben auf der Agenda bekommen!

Alles in allem braucht das System Schule sehr gut ausgebildete, begeisterungsfähige Menschen an allen Ecken und Enden, angefangen bei Lehrer*innen, Sozialarbeiter*innen bis hin zu Fachexpert*innen. Dies in den letzten 20 Jahren nicht erkannt und gefördert zu haben, müssen sich die Landesregierungen vorwerfen lassen. 

Wir fordern die politisch Verantwortlichen in Stadt und Land auf es besser zu machen:

Unsere Forderungen:

  • Erhöhung des Einstellungs- und Studiumkorridors bei Lehrer:innen für mindestens die nächsten 5 Jahre
  • Anstrengungen in der Ausbildung von allen Kräften in und um Schule, 
  • ein Anreizsystem für besonders benötigte Fachlehrer*innen, 
  • jeder und jedem Ausgebildeten ein attraktives gutes Angebot in Sachsen; jeder Lehrer in Sachsen ist ein Gewinn egal wo
  • ergänzend die Förderung des ländlichen Raumes
  • mindestens ein ausgebildeter Förderschullehrer in jeder Schule, der sein Wissen teilen kann
  • Schulsozialarbeiter an allen Schulen
  • Frühzeitliche Aufklärung und zeitnahe Diagnose im Förder- und Inklusionsbereich
  • Personelle Ausstattung, Schulungen und pädagogische Konzepte im Bereich Digitalisierung

Wir brauchen jetzt eine landesweite Anstrengung, deren Früchte dann hoffentlich noch unsere Kinder aber sicher deren Kinder ernten können!

Die Faktenlage dazu:

Als nach außen offensichtlichste Misere tritt der Lehrermangel sachsen- und deutschlandweit regelmäßig ins mediale Interesse. Am 26.01.2022 war in nahezu allen großen deutschen Zeitungen zu lesen, dass bis 2030 ca. 80.000 Lehrer*innen fehlen können (SZ 26.01.2022 „Unterschätzter Lehrermangel“). Insbesondere die Altersverteilung der Lehrer*innen in Sachsen belegt die massive Herausforderung in den kommenden 5-10 Jahren, in denen ein erheblicher Teil der Lehrer*innen in Rente gehen.

Abbildung 1: Anfrage an den sächsischen Landtag zur Altersstruktur sächsischer Lehrer*innen (Drs.-Nr.: 7/7935)

Das Thema Lehrermangel wird von Elternvertretern sachsenweit schon seit über 10 Jahren klar benannt  und problematisiert. Ein offener Brief des KER Bautzens aus dem Jahr 2012 hat leider nichts an seiner Aktualität verloren und kann heute genauso wieder abgedruckt werden. (https://www.ker-c.de/archiv/2012/04/offener-brief-des-kreiselternrates-bautzen-zum-aktuellen-und-weiter-fortschreitenden-lehrermangel-im-landkreis-bautzen/index.html ).

Der KER Chemnitz macht seit Monaten auf das Thema Lehrermangel aufmerksam und hat eine Petition gestartet (https://www.openpetition.de/petition/online/stoppt-den-lehrermangel-ausbildung-von-lehrkraeften-in-sachsen-ausbauen ). Aktionen aus ganz Sachsen sind in den vergangenen 2 Wochen von Elternvertretern auf den Weg gebracht worden (24.01.22 Freie Presse Zwickau, 25.01.22 Freie Presse Chemnitz, 27.01.22 Sächsische Zeitung Zittau, 29.01.22 Lausitzer Rundschau). 

Auch Lehrerverbände benennen jüngst die sich verschärfenden Probleme.

„Der Lehrkräftemangel ist das derzeit größte Problem im Schulbereich – auch in Sachsen – und stellt eine massive Bedrohung für Bildungsqualität, -gerechtigkeit und die Zukunft unseres Landes dar.“ (Michael Jung Vize-Vorsitzender des Sächsischen Lehrerverbandes (SLV) MDR Sachsen 27.01.2022).