Sind wir gegen das Eltern-Taxi?

Morgens gibt es Stau. Immer an der gleichen Stelle. Man könnte meinen, die Autofahrer müssten es jetzt langsam wissen, dass es auf der A4 bei Dresden-Wilder Mann immer eng wird. Warum fahren sie dann keine andere Strecke, könnte der flüchtige Beobachter meinen. Die gleiche Frage stellt sich für Taxi-Eltern nicht. Hier ist das Ziel, die Grundschule die Stau-Ursache. Vor der Schule gibt es einfach zu wenig Haltemöglichkeiten. Schließlich möchte Elternteil sein Kind nicht nur sicher auf den Fußweg entlassen, sondern auch in die Schule reingehen sehen. Angebote, 90 Meter und dann noch um die Ecke, das Kind los zu senden, sind undenkbar.

Lehrer und Stadtverwaltung stehen vor einem Rätsel. Warum können Eltern ihre Kinder nicht zu Fuß zur Schule senden? Genügend gute Vorschläge gibt es allemal.

Kurt Bodewig (Präsident der Deutschen Verkehrswacht in Berlin): „Wir empfehlen ein Schulwegtraining. Mutter oder Vater sollten noch in den Ferien einige Tage lang mit ihrem Kind den Weg zur Schule ablaufen, den es später auch gehen wird. Und zwar morgens, weil die Verkehrsbedingungen möglichst realistisch sein sollten. Dabei kann man das richtige Verhalten erklären und auch über Besonderheiten wie Baustellen reden. Wenn man meint, das Kind sei fit, tauscht man die Rollen, um das zu überprüfen. Aber an den ersten Schultagen sollte man sein Kind noch nicht alleine gehen lassen. Da stürmt einfach zu viel Neues auf die Schulanfänger ein.“ (Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 28.08.17)

Alles klar? Kann ja nicht so schwierig sein, möchte man meinen. Doch da sind Taxi-Eltern anderer Meinung. Wie sollen sie zum Beispiel, den Schulweg zu realistischen Zeiten üben, wenn der Arbeitgeber auf pünktliche Arbeitnehmer angewiesen ist. Wenn zum Beispiel die Straßenbahn früh so voll ist, dass das Kind kaum mit dem Schulranzen in die Bahn rein, geschweige den raus kommt. Warum auch nicht das Kind bringen, wenn der Arbeitsweg eh in diese Richtung liegt? Und es ist ja auch nicht so, dass nie merkwürdige Klientel auf dem Schulweg lauert. Gerade diese Gerüchte halten sich in den dunklen Morgenstunden des Winters besonders hartnäckig. Und jedes Elternteil hofft, dass es nur Gerüchte sind und fährt Kind trotzdem lieber zur Schule.

Das machen Eltern aber auch nicht erst seit gestern, sondern schon seit Jahren so. Mit den steigenden Schülerzahlen pro Schule nahm natürlich auch die Anzahl der fahrenden Eltern zu. Erst so wurden die besorgten Eltern zum Verkehrs-Problem.

Hinzu kommt noch die versicherungsrechtliche Seite. „Schulkinder sind auf dem Weg in die Schule und von dort zurück über die gesetzliche Unfallversicherung geschützt“, sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten. (Quelle: Die Welt) Während des Schulweges sind Eltern auch nicht von ihrer Aufsichtspflicht entbunden. Als sicherer Schulweg im Sinne der Unfallkasse ist der Schulwegeplan der Stadt Leipzig. Nach diesem bemisst sich auch die Entfernung zu Schule und wie lange ein Kind braucht, die Schulweg zu Fuß zurückzulegen.  Die Arbeitsgemeinschaft Schulwegesicherheit überwacht die Schulwege. Der Stadtelternrat arbeitet an der ständigen Verbesserung des Planes mit. Unser Vertreter seit 2016 ist Michael Gehrhardt vom AK Grundschulen.

Der Stadtelternrat ist fern davon Eltern vorzuschreiben, wie sie ihre Kinder in die Schule bringen. Dennoch möchten wir um gegenseitige Rücksichtnahme bitten. Kinder sind keine Verkehrsexperten, die jede Situation schon souverän meistern. Sie sind auf unsere Vorbildfunktion und unsere Rücksichtnahme angewiesen. Und Besonders dann, wenn dies bedeutet, beides für die vielen anderen Kinder der Schule zu sein, in die Ihr Kind geht.

Hier noch einmal der Präsident der Deutschen Verkehrswacht:

„Wir sind klar gegen das Eltern-Taxi, auch wenn es im Einzelfall vielleicht nicht anders geht. Aber so nehmen Eltern ihren Kindern eine Entwicklungsmöglichkeit und gefährden sehr häufig die eigenen und andere Kinder. An manchen Grundschulen parken die Autos der Eltern in zweiter oder gar in dritter Reihe. Das behindert den Verkehr und erhöht so die Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer. In Nordrhein-Westfalen gibt es zumindest sogenannte Hol- und Bringzonen, einige hundert Meter vom Schuleingang entfernt. Das ist auch nur bedingt gut, aber es entzerrt die Situation wenigstens. Direkt vor der Schule sind Eltern-Taxis jedenfalls fehl am Platz.“

Beitrag von Petra Elias vom 2.09.2017