Zutrauen und selbstständiges Lernen #
Die Lehrkräfte der Rothenburg-Grundschule wollen ihre Schüler:innen in passenden Formen ermutigen, sich etwas zuzutrauen. Besonderen Wert legen sie darauf, dass die Kinder selbstständig lernen und möglichst viel lesen. Zur gezielten Leseförderung hat das Kollegium ein schuleigenes, aus unterschiedlichen Teilmodulen aufgebautes Konzept zur Leseförderung entwickelt. Regelmäßig überprüft die Schule die Lesefähigkeiten der Kinder mit testdiagnostischen Methoden und belegt so die Wirksamkeit ihres Konzeptes. An der Rothenburg-Grundschule wird in beispielgebender Weise sichtbar, wie Grundschulen inklusionspädagogisch mit den dafür erforderlichen diagnostischen Instrumenten und Fördermaterialien erfolgreich arbeiten können.
Lernlandkarte_Rothenburg_Grundschule_Berlin #
Das Konzept #
Reformpädagogik und regelmäßige Testung – passt das zusammen? „Sehr gut sogar“, sagt Kerstin Krins, Schulleiterin der Rothenburg-Grundschule. Krins kam 2019 an die Schule und traf auf ein etabliertes System des individualisierten Lernens in jahrgangsübergreifenden Klassen. Zuvor hatte Krins den Schulversuch Inklusion begleitet und als inklusionspädagogische Beratungs- und Diagnostiklehrkraft für Grundschulen im Bezirk gearbeitet und war dadurch überzeugt von dem Mehrwert einer systematischen Diagnostik, die den Lernprozess der Kinder in Daten sichtbar macht. Im Kollegium der Rothenburg-Grundschule fand sie dafür engagierte Mitstreiterinnen und Mitstreiter.
Seither wird der Lernverlauf aller Schülerinnen und Schüler von der Schulleiterin in einer schuleigenen Datenbank dokumentiert – so hat sie jedes Kind im Blick. Schon bevor die Kinder eingeschult werden, lösen sie am „Schnuppertag“ einige spielerische Aufgaben, die Hinweise darauf geben, ob sie sprachlich den Hinweisen der Lehrerinnen und Lehrer folgen können. Mit der Einschulung erfolgen dann nach einem Diagnosekalender vom ersten bis zum sechsten Jahrgang mehrmals pro Schuljahr verschiedene Tests für die Basiskompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen. „Die Diagnostik ist ein hilfreiches Zusatzinstrument, um das Unterrichtskonzept gezielt weiterzuentwickeln, und die Testergebnisse zeigen uns den Erfolg“, sagt Krins.
Ein wichtiger Motor für die Weiterentwicklung des Konzepts ist die Arbeit im Unterrichtsentwicklungsteam „Lesen in den Jahrgangsstufen 123“. Ziel der Arbeitsgruppe ist eine individuelle Leseförderung, bei der die Kinder handlungsorientiert und selbstständig im Sinne der Montessori-Pädagogik das Lesen üben.
Zweimal pro Woche Förderung mit der „Leseraupe“ #
Die achtjährige Merle hockt sich mit einer Kiste auf den runden Teppich in der Mitte des Raums. Die Kiste hat einen gelben Punkt – Gelb bedeutet: „Schwierige Sätze lesen.“ In der Kiste findet Merle eine Art Glücksrad mit Farben und dazugehörige Satzbausteine, die sie so aneinanderlegen soll, dass ein sinnvoller Satz entsteht. Merle macht es sichtlich Spaß, ihren Satz länger und länger werden zu lassen. Ihren Platz auf dem Boden hat sie dafür gut gewählt – am Tisch wäre sie längst an ihre Grenzen gekommen. Allerdings ist ihr Satz mittlerweile so lang, dass sie allmählich auch mit den benachbarten Jungs auf dem Teppich ins Gehege kommt, die einander gerade im Tandem abwechselnd gereimte Satzpaare vorlesen.
„Das Schöne für die Kinder ist, dass sie immer das Material haben, das ihrem Stand angemessen ist“, sagt Leonie Lange, so gebe es weder Frust durch Überforderung noch Langeweile durch Unterforderung beim Lesenlernen. Jeder neue STOLLE-Test zeigt genau an, wo ein Kind Förderbedarf hat. Der Stolperwörter-Lesetest (kurz: „STOLLE-Test“) ist ein standardisiertes Diagnoseverfahren, das an der Universität Potsdam entwickelt wurde. Der Test misst Lesegeschwindigkeit und Leseverständnis in den Klassen 1 bis 4. Leonie Lange muss nur in die digitale Datenbank schauen, in die die Ergebnisse eingepflegt worden sind. Gibt es Auffälligkeiten, dann ist das Ergebnis rot gefärbt. „Ich sehe auf den ersten Blick, bei wem Unterstützung nötig ist“, sagt Leonie Lange.
Evaluation des neuen Leseförderkonzepts #
Aber ist der Erfolg auch messbar? „Sogar viel deutlicher als erhofft“, sagt Leonie Lange. Im STOLLE-Test gab es 2022 bereits nach vier Monaten eine Verbesserung der Leseleistung um 35 Prozent, bei den Kindern mit Lese-Rechtschreib-Schwächen sogar um 230 Prozent. Bei den jüngsten Vergleichsarbeiten VERA 3 im Schuljahr 2022/23 hatten 9 Prozent den Mindeststandard im Lesen verfehlt, während in der Vergleichsgruppe der Schulen mit ähnlicher Schülerzusammensetzung 22 Prozent die niedrigste Kompetenzstufe nicht erreichte.
Aber auch in der Leistungsspitze schnitt die Rothenburg-Grundschule überdurchschnittlich gut ab. 24 Prozent erreichten die höchste Stufe V, in der Vergleichsgruppe waren es 16 Prozent.
Quelle:
https://deutsches-schulportal.de/unterricht/deutscher-schulpreis-2023-rothenburg-grundschule/